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Smith-Magenis-Syndrom

Das Smith-Magenis-Syndrom – was ist das?

Das Smith-Magenis-Syndrom (SMS) ist eine seltene, genetische Erkrankung mit typischen Symptomen wie auffälligen Gesichtszügen, Entwicklungsverzögerungen, Lernschwächen, motorischen Beeinträchtigungen, Hörschwäche oder Schlafstörungen. Charakteristisch sind auch aggressive oder selbstverletzende Verhaltensweisen. Einige Betroffene erfüllen die diagnostischen Kriterien einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Diese Symptome treten nicht ab einem gewissen Alter auf, sondern Betroffene werden damit geboren.

Es wurde erstmals in den früheren 1980er Jahren von den Genetikerinnen Ann Smith und Ellen Magenis beschrieben.

Verursacht wird das Smith-Magenis-Syndrom durch eine Schädigung am kurzen Arm des 17.Chromosoms. Bei dieser Schädigung handelt es sich um eine sogenannte Mikrodeletion- das bedeutet, dass ein kleiner Teil an genetischer Information verloren gegangen ist, die für die gesunde Reifung des Kindes im Mutterleib wichtig ist. Da die fehlenden Abschnitte an genetischer Information unterschiedlich lang sein können, sind die Ausprägungen des Syndroms sehr verschieden. Somit ist jeder Mensch mit Smith-Magenis-Syndrom als ein Individuum mit eigenen Vorlieben und Abneigungen, sowie eigenen Stärken und Schwächen zu betrachten.

Menschen mit SMS werden häufig als sehr freundlich, fürsorglich humorvoll und vor allem liebenswürdig beschrieben mit einer regelrechten Begier zu gefallen. Vor allem zu Erwachsene haben diese ein besonderes Verhältnis. Auch haben sie einen sehr starken Familienbezug.

Zwar kann der Alltag für betroffene Familien oft sehr herausfordernd und belastend sein. Ebenso berichten viele dieser Familien auch darüber, was es für eine Bereicherung für ihr Leben darstellt, mit einem Smith-Magenis betroffenen Familienmitglied zusammen zu leben, wie Worte einer Mutter zeigen.

„Mein Sohn ist das liebevollste, das am meisten geliebte, fröhliche, romantische, einfühlsame, vorhersehbare und fruchtbringende Kind, das ich kenne. Er kann aber auch verschlossen, frustriert, uneinsichtig, schrullig und unberechenbar sein. Er ist nicht einfach ein Kind. Es gibt ein breites Spektrum von Merkmalen, welche mit dem Smith-Magenis-Syndrom (SMS) verbunden sind. Und wir als Familie haben viele davon kennen gelernt. Es ist sehr schwierig gewesen. lch habe eine Menge gelernt. Über Kreativität, über Geduld, über andere Menschen und deren Einstellungen. Über die lokalen Bildungsbehörden. Und es ist besser geworden. Immer, wenn ein neues Problem entstand, haben wir einen Weg gefunden, um es zu überwinden. Der Kummer nahm umso mehr ab, je größer unser Sohn wurde. Wir erkannten die Bedeutung der Zusammenarbeit mit der Schule und Therapeuten. Unser Leben hat sich unermesslich geändert, aber nun glauben wir, dass wir als Familie aufgrund dieser Herausforderungen gewachsen sind. Wir haben festgestellt, dass SMS zwar eine Beschreibung der Symptome unseres Sohnes darstellt, nicht aber ihn selbst beschreibt. Lernen Sie zuerst ihr Kind kennen – es wird in vielerlei Hinsicht begabt sein. Und nehmen Sie sich jeweils einen Tag nach dem anderen vor.“

Symptome und Auffälligkeiten des Smith-Magenis-Syndroms:

Beim Smith-Magenis-Syndrom handelt es sich um einen sogenannten Symptomenkomplex – das heißt, dass die Erkrankung durch das Auftreten mehrerer, charakteristischer Symptome gekennzeichnet ist. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass ein Mensch mit Smith-Magenis-Syndrom einem anderen Betroffenen gleicht.

Die nachfolgend beschriebenen Symptome treten bei manchen Betroffenen mehr oder weniger auf und sind in ihrer Ausprägung sehr individuell.

  • Körperliche Merkmale:
    Menschen mit Smith-Magenis-Syndrom fallen durch ihre körperlichen Merkmale auf. Sie haben häufig ein breites Gesicht mit breitem Nasenrücken und flacher Gesichtsmitte. Die Oberlippe weist eine charakteristische Bogenform auf, die Mundwinkel stehen nach unten. Betroffene sind nicht groß, ihre Hände klein und breit mit kurzen Fingern. Die Stimme klingt meist tief und heiser.
  • Kognitive Fähigkeiten:
    Fast jeder Betroffene mit Smith-Magenis-Syndrom weist eine Form der geistigen Behinderung auf, die jedoch meist eher moderat ausfällt. Die Stärken und Schwächen sind dabei sehr unterschiedlich ausgeprägt. Gemeinsamkeiten sind zum Beispiel eine verzögerte Sprachentwicklung, eine verminderte Lesekompetenz oder Lernbeeinträchtigungen.
  • Kommunikation:
    Bei SMS-Betroffenen ist die Sprachentwicklung häufig verzögert. Die Stärken liegen eher im Verstehen von Gesagtem. Sich selbst mit ihren Wünschen, Gefühlen oder Vorstellungen verbal zu äußern, fällt ihnen dagegen sehr schwer, was nicht selten zu einer Frustration führt. Diese Frustration kann sich wiederum auf ihr Verhalten auswirken.Gebärdensprache, Bilder und Symbole können eingesetzt werden, um die Kommunikation zu erleichtern. Da auch häufig gesundheitliche Probleme hinter den Kommunikationsproblemen stecken, können auch Logopäden oder spezielle Sprach- und Kommunikationstrainer aufgesucht werden.
  • Geschicklichkeit:
    Fähigkeiten, die zur Bewältigung des Alltags notwendig sind, sind bei Menschen mit Smith-Magenis-Syndrom nicht vollständig ausgereift. Sie benötigen Unterstützung beim An- und Ausziehen, bei Toilettengängen oder bei der Bewältigung des Alltags. Eine gewisse Unabhängigkeit kann bis zu einem bestimmten Grad erlernt werden, jedoch sind Betroffene meist ihr ganzes Leben auf Unterstützung angewiesen.Menschen mit Smith-Magenis-Syndrom brauchen einen geregelten Alltag mit alltäglichen Gewohnheiten und Routinen. Rasche Veränderungen überfordern sie schnell und führen oft zu schwierigen Verhaltensweisen.
  • Soziale Beziehungen:
    Smith-Magenis-Betroffene sind anderen Menschen gegenüber sehr aufgeschlossen und offen und entwickeln häufig viele soziale Beziehungen zu Hause, in der Schule oder in der Gesellschaft. Sie haben einen hohen Drang nach sozialer Aufmerksamkeit. Diese löst in ihnen innere Zufriedenheit aus und stärkt ihr Wohlbefinden. Erlangen sie diese Aufmerksamkeit nicht, äußert sich das meistens in Wutausbrüchen, Aggression oder selbstverletzendem Verhalten.Häufig fehlt ihnen auch das Gespür für zugrundeliegende, ungeschriebene gesellschaftlichen Normen (persönlicher Abstand, Distanzlosigkeit gegenüber Fremden, Unterbrechung von Gesprächen anderer, Sprechen über ständig gleiche Themen).Bei über 50 % der Betroffenen lassen sich auch Merkmale von Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) finden, die unter anderem durch sich ständig wiederholende Denkmuster und Verhaltensweisen gekennzeichnet sind. Diese können ebenfalls soziale Beziehungen, die Kommunikation und bestimmte Verhaltensweisen beeinflussen.
  • Schlafprobleme:
    Schlafprobleme gehören zu den häufigen Symptomen von Menschen mit Smith-Magenis-Syndrom. Diese äußern sich häufig in Ein- und Durchschlafstörungen, frühem Erwachen und einer ausgeprägten Tagesmüdigkeit.
  • Schwierige Verhaltensweisen:
    Zu den schwierigen Verhaltensweisen gehören Wutausbrüche, aggressives oder selbstverletzendes Verhalten. Jedoch können diese Verhaltensweisen auch ein Mittel der Kommunikation darstellen, um Unbehagen, Angst, Schmerzen oder Müdigkeit auszudrücken. Die Art und Schwere dieser Verhaltensweisen können im Laufe des Lebens variieren.Weitere schwierige Verhaltensweisen sind Impulsivität, Hyperaktivität und Konzentrationsschwäche. Diese Verhaltensmuster werden häufig mit dem Aufmerksamkeits-Defizit/ Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) in Verbindung gebracht. Da das Smith-Magenis-Syndrom noch sehr unbekannt ist, erhalten Betroffene häufig die Diagnose ADHS anstatt Smith-Magenis-Syndrom.
  • Gesundheitliche Probleme:
    Menschen mit Smith-Magenis-Syndrom leiden unter gesundheitlichen Problemen, die auf Entwicklungsverzögerungen zurückgeführt werden können.Wiederkehrende Ohreninfekte und zunehmender Hörverlust, zahnmedizinische Problematiken, Herz- und Nierenprobleme, Skoliosen, Schilddrüsenfunktions-störungen, Refluxbeschwerden oder Verstopfungen sind Beispiele dafür.
    Diese können sich auf das Verhalten und den Schlaf auswirken und sollten stets sehr gut überwacht werden.

Häufigkeit

Das Smith-Magenis-Syndrom tritt weltweit und in allen Ethnien auf, davon sind beide Geschlechter in etwa gleichermaßen betroffen.

Forschungen haben ergeben, dass es einmal unter 15.000-25.000 Geburten zu der Chromosomenschädigung und damit zu der Erkrankung Smith-Magenis-Syndrom kommt. Als seltene Erkrankung ist das Smith-Magenis-Syndrom jedoch noch nahezu unbekannt und wird bei ärztlichen Untersuchungen oft nicht als solches erkannt. Die geringe Anzahl an Betroffen ist daher darauf zurückzuführen, dass betroffene Kinder häufig eine andere Diagnose erhalten wie Autismus oder das Aufmerksamkeits-Defizit/Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS).

Das Smith-Magenis-Syndrom in Deutschland

In Deutschland gibt es rechnerisch ca. 3.200 Fälle, davon sind jedoch etwa nur 3 % diagnostiziert. Dies liegt vor allem an dem spärlichen Informationsfluss zu dieser Krankheit und im Informationsdefizit bei den medizinischen und (heil-)pädagogischen Fachleuten.

Der deutsche Selbsthilfeverein Sirius e.V. hat es sich deshalb mit zu Aufgabe gemacht, Aufklärung zu dieser noch sehr unbekannten Krankheit zu leisten und Betroffenen Unterstützung zu bieten.

Aktuell leben in Deutschland circa 30 SMS-Betroffene.